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Mit filigraner Kunstfertigkeit

Die Camerata Bern.

Der Vermerk «Uraufführung unter der Leitung des Komponisten» bezieht sich meist auf eine historische Begebenheit, die so weit zurückliegt, dass man sich wallende Perücken mit vorstellen darf. Eine solche trägt Francisco Coll nicht, wenn er sich im Kursaal zur Camerata Bern gesellt, um mit den Solistinnen Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta seine ihnen gewidmeten «Plaisirs illuminés» dirigierend aus der Taufe zu heben.

Obwohl der 1985 geborene Spanier mit dem Titel seines Doppelkonzerts auf ein bald hundertjähriges Werk Salvador Dalís anspielt und Flamenco-Anleihen mit der Tradition schäkern lässt, ist seine Komposition äusserst gegenwärtig.

Physische Intensität

Colls Kunst ist von einer physischen Intensität, die allen viel Kondition abverlangt: In teils rasender Folge machen die Motive einander die Plätze streitig, die Soloinstrumente bleiben in einen nicht abreissenden, konflikthaften Dialog verstrickt, emotional aufwühlend geraten das düstere «Wiegenlied» und das finale «Lamento», die Wechsel im Ausdruck bilden eine Konstante.

Das Ensemble, allen voran die beiden Widmungsträgerinnen Gabetta und Kopatchinskaja, spielen das betörende Ideenkonzentrat mit der ihnen eigenen Unerschrockenheit ebenso auf den Punkt, wie es geschrieben ist. Dennoch ist dieser Abschluss nicht der Höhepunkt des Konzerts. Dafür sorgt nicht nur ein längerer Umbau, sondern auch die Tatsache, dass bereits drei erlesene, aber nicht leicht verdauliche Werke erklungen sind, als Coll die Bühne betritt.

Gewaltiges Spektrum

Hätte die Aufführung direkt nach der Pause stattgefunden, wäre sie mit Sicherheit aufnahmefähigeren Ohren begegnet. Letztere werden indes reich verwöhnt. Da augenzwinkert sich Strawinsky durch sein «Concerto in re», während Sandor Veress in der «Musica concertante» von sinnlichen Linien bis zu wuchtigen Cluster ein gewaltiges Spektrum an Ausdrucksformen auffährt. Den stärksten Eindruck hinterlässt Alberto Ginasteras «Concerto per corde», eine berückend filigrane Komposition.

Haftet den leiseren Passagen bei Strawinsky noch etwas Verhaltenes an, verblüffen die Musikerinnen und Musiker mit Ginasteras kaum hörbaren Flageoletts und Pizzicati – die den zweiten Satz trotzdem fast alleine tragen.

Die Variationen des ausschweifenden, zeitweise vierteltönigen Kopfthemas werden als packende Soli vorgetragen, wenig später endet die Bedrängnis einer musikalischen Klage in absoluter Stille. Dass derartige Feinheiten sogar in einem Saal funktionieren, dessen Hintergrundsirren und eher grobschlächtige Akustik dies theoretisch verunmöglichen, zeugt von der Kunstfertigkeit der Camerata Bern, die ein mitunter schwieriges Konzert in ein bleibendes Erlebnis verwandelt.