Autor*in: Luisa Aha

Das Palais der Familie Tschawtschawadse beherbergt heute ein Museum.

Übersicht

Vom malerischen Weingut mit literaturhistorischem Hintergrund zu einem Opernhaus, dass zweimal in Schutt und Asche lag, bevor es im heutigen Glanz erstrahlte – die Mauern der beiden Konzertorte unseres Gastspiels in Georgien hätten einiges zu erzählen. Wir werfen einen Blick in die Geschichtsbücher.

Ein Keller voller Schätze

Das Weingut Tsinandali wurde 1886 von Fürst Alexander Tschawtschawadse gegründet, einem prominenten georgischen Dichter und General. Seine Gedichte handeln von der Sehnsucht nach dem glorreichen Georgien des Mittelalters – der Dichter war eine Schlüsselfigur im Kampf für die Unabhängigkeit Georgiens. Er machte sein Weingut schnell zu einem kulturellen Epizentrum, indem er Konzerte organisierte oder Intellektuelle wie Alexandre Dumas und Alexander Puschkin zu literarischen Salons einlud.

Beim Bau des Anwesens  legte Tschawtschawadse einen 18 Hektar großen Garten nach englischem Vorbild an. Ein ausgeklügeltes, unterirdisches Bewässerungssystem versorgte die exotischen, teils jahrhundertealten Pflanzen, von denen noch heute über 1.600 Arten aus allen Kontinenten der Welt zu sehen sind.

Bei der Renovierung wurde der Garten so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt. | Bild: Tsinandali Festival

Den Mittelpunkt des Anwesens bildet seine Enothek – eine Kombination aus Weinhandel, Feinkostgeschäft und Gastronomiebetrieb. Tsinandali gilt als Geburtsort der modernen georgischen Weinherstellung mit einer beeindruckenden Sammlung von 16.500 historischen Flaschen. Zu dieser Sammlung gehört auch der Tsinandali Estate Saperavi von 1839, der älteste in Flaschen abgefüllte Wein Georgiens.

Nach dem Tod von Fürst Tschawtschawadse erlebte das Anwesen Zeiten des Verfalls, wurde aber in den vergangenen Jahren durch einen privaten Investor renoviert und umfasst heute ein Museum zu seinen Ehren, sowie Weinkeller, Weinberge, ein Hotel und das Amphitheater. Seit 2019 findet dort jedes Jahr im September das Tsinandali Festival für klassische Musik statt und in diesem Jahr am 1. Mai unser Europakonzert.

Eine beeindruckende, historische Kulisse für unser Europakonzert: das Amphitheater des Tsinandali Estate.

Ein musikalisches Stehaufmännchen

Die Geschichte des Staatlichen Sacharia-Paliashvili-Theater für Oper und Ballett beginnt im 19. Jahrhundert. Der Bau der Oper war dabei nicht nur ein wichtiger Beitrag zum öffentlichen Wohl, sondern hatte auch das Ziel, antirussische Ressentiments zu verhindern und die Georgier für »die russische Sache« zu gewinnen. Das ursprüngliche Gebäude fiel knapp 20 Jahre nach der Eröffnung vollständig einem Brand zum Opfer – wohl unter anderem deshalb, weil die Feuerwehrleute nur schleppend arbeiteten und anfangs sogar die Leitern vergaßen. 

Bild: Tbilisi State Opera and Ballet Theatre

Der deutschstämmige Architekt Viktor Schröter aus Sankt Petersburg gewann die Ausschreibung für den Wiederaufbau und schuf ein architektonisches Meisterwerk im orientalisierenden Stil, mit filigranen Mosaiken und detaillierten Ornamenten. Aber auch seinem Bau stand keine glorreiche Zukunft bevor. In der Sowjetunion gab es wenig Geld für die Kulturinstitutionen des Landes – die Oper zerfiel erneut. Erst 2010 begann die sechsjährige Renovierung für rund 40 Millionen US-Dollar.

Vor allem die detailreichen Dekorationen erinnern an die maghrebinischen Vorbilder des Gebäudes. | Bild: Tbilisi State Opera and Ballet Theatre

Benannt ist das Gebäude nach dem georgischen Nationalkomponisten Sacharia Paliashvili, einem Pionier der georgischen Kunstmusik, dessen Einfluss bis heute spürbar ist. Eine seiner bekanntesten Opern ist Abesalom da Eteri. In dieser Oper verbindet Paliashvili Elemente der georgischen Volksmusik, städtische Lieder und kirchlichen Gesang zu einer Oper, deren monumentale Motive die Grundlage für die heutige Nationalhymne Georgiens bilden.

Die Oper in Tbilissi von außen. | Bild: Tbilisi State Opera and Ballet Theatre